Ein bisschen Frühling im Winter
Ja, es liegt Schnee; ja, es ist eisig; ja, der verdammte Winter ist da. Zugegeben, von drinnen sehe ich mir das Schneegestöber liebend gerne an. Ich stehe mit einem dampfendem Tee am Fenster, sehe die Schneekristalle tanzen und sich auf dem Fensterbrett draußen sammeln, sehe die weißen Dächer und stelle es mir soo schön vor, genau in diesem Augenblick inmitten der tanzenden Flöckchen zu sein. Ja, ganz automatisch setzt da mein Foto-Auge ein, und ich löse gefühlt 100 Mal aus, so viele schöne Details türmen sich mir vor Augen auf. Wenn ich dann aber tatsächlich bei Minus 12 Grad in der Kälte zittere und es bereue, nicht doch die Wollhandschuhe angezogen zu haben (die Lederhandschuhe sind nun mal so viel schöner), kommt es durchaus vor, dass ich für einen kurzen Moment den Reiz der Farbe Weiß vergesse…
Gestern stand ich dann im Blumenladen, eingemummelt in Wollschal, Bommelmütze und Schneefrau-Jacke mit einer Laune, die jegliche Grenzen ins Üble unterschritt. Mini-me, so sehr ich sie auch liebe, hatte mich davor wieder einmal zur Weißglut getrieben (wenn beispielsweise plötzlich das Jacke-Anziehen weh tut, so dass man den Plan, mit dem Schlitten um die Welt oder ins nächste Café zu ziehen, einfach so ad acta legen muss – und das mehrmals am Tag). Und dann musste ich plötzlich lächeln – Ranunkeln und Tulpen reichen dafür manchmal völlig. Und nun ist wenigstens heute bei uns ein wenig Frühling. Ich hatte ja erwartet, heute auch nicht das Haus verlassen zu können, Mütze und Schal tun sicherlich einigen Hypochondern weh. Allerdings heilen Blumen wohl auch sture Dreijährige – wir waren sogar brunchen! Ok, eigentlich wollten wir Mittagessen gehen, aber irgendwie ist es derzeit überall angesagter, am Sonntag Brunchbuffets mit zerkochten Nudeln & Co. Aufzustellen. Aber wenn man schon einmal vor die Tür kommt, ohne dass der Blutdruck auf 180 schnellt, ist dann völlig wurscht. Und die Süße war im Schoko-Himmel – Eierkuchen mit Apfelmus und Nutella (ja, genau in dieser Mischung, und ich lasse mich nicht darüber aus, wie der Teller aussah) retten wohl jeden Tag. Und nachdem ich dann Budenzauber betrieben hatte, die Böden nicht mehr im Apfelsaft-Gematsche des Morgens klebten, wurde es ein richtig schöner Sonntag. Blumen sind eben die beste Medizin…
Meine kleine Assistentin hat mir sogar beim Blumen-Arrangement geholfen und festgelegt, sie wolle besser nur zwei Sträuße, einen für die Küche und einen für das Wohnzimmer. Nicht wie ich anfangs dachte, eine kleine Vasen-Galerie zu veranstalten. Gut, wenn sie meint. Hauptsache, es ist Frühling…