Glen Hansard – Irischer Herzschmerz
Es ist Jahre her, aber ich erinnere mich gut – wir liefen gerade die Grafton Street entlang, es war an einem Sonntag. Wie immer war ich sehr mit dem obligatorischen Windowshopping beschäftigt und damit, in den Straßencafés und Bars die Leute anzuschauen. Und plötzlich meinte Mr. L. zu mir „Look, there is Glen!“ Und schon kam er auf uns zu, oder gingen wir an ihm vorbei? Vielleicht lächelte er (und was für ein schönes Lächeln!!) über mein Groupie-Staunen, denn ich starrte ihn einfach nur an. Solange, bis er an uns vorbei war. Glen Hansard leibhaftig in Dublin. Wahrscheinlich ist dies nicht allzu verwunderlich, stammt der Ire doch aus dem Norden Dublins und wurde er durch und mit The Frames berühmt. Und trotzdem hätte ich nie damit gerechnet, dass er live und in Farbe plötzlich vor mir steht. Und dann auch noch in einer Abzweigung der Grafton Street, dort, wo Once gedreht wurde. Sein verschmitztes Lächeln im Gesicht, einen Hut auf dem Kopf und eben er, genauso wie man ihn von Fotos kennt. Leider kann ich von jener Begegnung keine Fotos zeigen, ich kann mich nicht einmal erinnern, ob ich eine Kamera dabei gehabt habe.
Nein, ich bin kein Groupie, höchstens eben in diesem einen Moment. Aber ich liebe die Stimme und die Art von Glen Hansard. Vielleicht auch, weil er mich an Mr. L. erinnert. Die roten gewellten Haare, sein Bart, die blauen Augen und dann die Art, wie er singt, sich bewegt – das ist für mich ein kleiner Ausflug in die Kennenlernzeit mit meinem Mann (außer vielleicht, dass Glen bei weitem viel besser singt – sorry, hon).
Lange Rede, kurzer Sinn – was ich euch tatsächlich ans Musikliebhaberherz legen will, ist Hansards Album Rhythm & Repose. Verursacht Herzschmerz, wenn man gerade keinen hat und spricht einem aus der Seele, eben wenn einem das Herz blutet. Dem Klischee nach sind ja die Iren besonders einfühlsam und ihre Musik besonders gefühlvoll. Und hier schlägt das Klischee voll zu. Nein, keine Liebe nach dem ersten Reinhören, aber eine tiefe Liebe nach dem zweiten, dritten, vierten… Mal.
Klassische Streicher und Klavier kommen Hand in Hand mit handgemachten Gitarrenakkorden, dazu die melancholischen Texte, in denen sich Glen Hansard von seiner Liebe verabschiedet und ihr ganz einfach „another time“ verspricht. Und jeder, der so etwas schon einmal erlebt hat, wird automatisch in jene Situation versetzt und leidet mit ihm.
Ganz wunderbar ist übrigens auch das Layout des CD-Booklets mit gezeichneten Portraits, superschönen Fotos und natürlich den Texten der Songs. Kleine Notizen passend zur Musik lassen einen noch tiefer seufzen:
…the turning light brought all to life, as in a poem, your simple beauty there shook a stick at cowardice,
The water bit hard then gave way to joy, you were in the misted purple dawn and I loved you…
Rhythm & Repose ist einfach für jede Herzschmerzangelegenheit die richtige Begleitung und für all die gemacht, die sich von einer Welle Traurigkeit mitreißen lassen, ohne aber den Mut zu verlieren; für nicht enden wollende Winter, obwohl es längst Frühling sein müsste und für lange Sommernächte:
There, there, where your heart is strong, where we can go on and on.
There, there, there,
I’m gonna see you there.
Eigentlich wollte ich der Frau Blogbesitzerin ja anbieten, mir ihre Texte mit wachsamen Korrektorenauge anzuschauen, aber ich sehe schon: Das ist gar nicht nötig.
Lausche ich stattdessen halt ein bisschen Mr. Hansard, den ich dank dir ja schon vor einiger Zeit entdecken durfte.
Oh, ein Lektor im trauten Blog-Heim! Och, ab und an schleichen sich hier durchaus Fehler ein. Also immer her mit den Angeboten!